Zu Besuch in der Sendestelle Königs Wusterhausen

Königs Wusterhausen wird auch als die Wiege des deutschen Rundfunks genannt. Hier ein Text, der in der Zeitschrift "Funakamateur" 1994 veröffentlicht wurde.

(Quelle: FunkAmateur 10/94; 868-869)

GERHARD ROLEDER - DL6AKC

Am 11. 9.1994, Tag des offenen Denkmals, hatte man Gelegenheit, diesen funktionstüchtigen Oldtimer der Sendetechnik zu besichtigen.

Königs Wusterhausen, eine Kleinstadt, wenige Kilometer südöstlich Berlins gelegen, gilt als eine Art Entstehungsort des deutschen Rundfunks. Hier begannen nach dem Ersten Weltkrieg die ersten Sendeversuche der Deutschen Reichspost. Genauer Standort der Sendeanlagen war der Funkerberg, der bis heute für den Rundfunk genutzt wird.

Bei den ersten Ausstrahlungen, für die vornehmlich der Langwellenbereich infrage kam, befand sich das Studio noch in den zum Sender gehörenden Gebäuden. Eine räumliche Trennung von Sender und Studio nahm man erst später schrittweise vor, so zum Beispiel bei der "Radiostunde" aus dem Vox-Haus Berlin, deren erste Ausstrahlung am 29. 10. 1923 stattfand. Die 1920 begonnene Sendereihe der Sonntagskonzerte degegen wurde bis 1926 aus dem Senderaum in Königs Wusterhausen übertragen. Im selben Jahr nahm der "Deutschlandsender" den Betrieb auf, der bis vor kurzem als "Deutschlandsender Kultur" auf Langwelle zu hören war. Von 1927 bis 1945 wechselte das Programm ins benachbarte Zeesen, wo ein weiterer Sender entstanden war (siehe FA 4/94).

Im Laufe der Jahre, unter anderem nach Ende des Zweiten Weltkrieges, erneuerte man mehrmals die Sendetechnik, und die Frequenzen wurden geändert. Neben Rundfunksendungen diente die Sendetechnik bis 1945 auch für kommerzielle Zwecke, damals als Wirtschaftsfunk bezeichnet.

Heute sind die stillgelegten Sender 21 und 23 als museale Objekte zu sehen. Den unter Denkmalschutz stehenden Sender 21 erbaute Telefunken in den Jahren 1929/30, er sendete mit 100 kW im Mittelwellenbereich. Anfänglich in Berlin-Tegel betrieben, übertrug er von März 1949 bis Dezember 1991 das Programm des "Berliner Rundfunks" ' Ab 1986 erfolgte die Zuschaltung nur noch für einige Stunden pro Woche.

Der Sender verfügt über eine interessante technische Einzelheit: Zur Frequenzstabilisierung ist der Quarzoszillator in einem mehrfach thermostatisierten, d.h., ineinander verschachtelten Gehäuse untergebracht (Bild 2). In den Bildern 3 und 4 werden Teile der Sendeeinrichtungen der Sender 21 und 23 gezeigt. Die Variometerspulen befinden sich in mannshohen Gestellen (Bild 1).

Der Sender 23 nahm 1960 mit "Radio Berlin International" den Betrieb auf. Von 1990 bis 1993 übertrug er Programme der "Deutschen Welle". Gesendet wurde auf Kurzwelle je nach Zielgebiet vom 49-m-Band bis zum 19-m-Band. Mehrmals täglich nahm man per Handabstimmung und mit entsprechenden Betriebspausen den jeweiligen Frequenzwechsel vor. Der Sender 23 besteht aus drei unabhängigen 50-kW-Einheiten mit je 10 kV Anodenspannung in der Endstufe. Zwei dieser Blöcke lassen sich zu 100 kW zusammenschalten. Als Endröhre arbeitet jeweils eine wassergekühlte Sendetriode.

Die Röhrenbestückung, naturgemäß einem gewissen Verschleiß unterliegend, besteht bei beiden Sendern größtenteils aus sowjetischen Fabrikaten der GU-Serie und aus SRS...-Röhren des damaligen Werkes für Fernsehelektronik Berlin. Während der Sender 21 noch gittermoduliert arbeitete, erhielt der Sender 23, der technischen Entwicklung folgend, natürlich Anodenmodulation.

Die in einem Zeitraum von über 70 Jahren verwendeten Antennen sind ein Kapitel für sich, das sowohl durch den technischen Kenntnisstand als auch durch äußere Einwirkungen beeinflußt wurde. Als Antennen fanden unterschiedliche Dipol- und Reusenkonstruktionen Verwendung. 1926 existierten unter anderem sechs 210-m Masten als imposantes Arrangement und der etwa gleichhohe sogenannte Mittelturm. Letzterer fiel im Jahre 1972 einem Sturm zum Opfer; von den anderen Masten wurden fünf abgebaut.

Kleiner Trost: Der übrig gebliebene 210-m Mast dient heute als obere Befestigung einer schräg abgespannten Langdrahtantenne, von der auf 177 kHz die Abstrahlung von "Deutschlandradio Berlin" erfolgt.

Bild 5 zeigt den gegen Erde isolierten Mastfuß. Die Betongewichte links vom Mast sorgen für eine gleichmäßige mechanische Spannung der Antenne bei unterschiedlichen Windbelastungen. Im Bild 6 ist der gesamte Mast abgebildet, der bei einigermaßen klarem Wetter kilometerweit zu erkennen ist. Außer dem erwähnten Langwellen-Programm kommt heute vom Funkerberg auch "RTL Oldie-Radio" auf 603 kHz.

 

 

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